Wärmepumpen in Gewerbe und Industrie
Die Wärmepumpe hat sich in neugebauten Ein- und Zweifamilienhäusern bereits zum Heizsystem der Wahl entwickelt und ist ebenso in Wärmenetzen immer häufiger anzutreffen. Anders sieht es jedoch im Gewerbe und in der Industrie aus - hier wird das Potenzial von Wärmepumpen leider immer noch zu selten genutzt. Das liegt unter anderem an der begrenzten Bekanntheit von Best-Practice-Beispielen, welche Vertrauen in neue Lösungen schaffen können. Wärmepumpensysteme werden bei anspruchsvollen Großprojekten noch zu selten in Betracht gezogen, da man mit den konventionellen Heizungs-, Lüftungs- und Kühllösungen vertraut ist und diese daher bevorzugt einsetzt.
Dieses Defizit muss beseitigt werden, denn gewerbliche und industrielle Prozesse sind wie Gebäude gleichermaßen auf die Bereitstellung von Wärme und Kälte angewiesen. Eine Wärmepumpe kann mithilfe Erneuerbarer Energien beides liefern und macht eine Aufgabenteilung auf zwei getrennte Heiz- bzw. Kühlvorrichtungen obsolet. Bestenfalls besteht ein gleichzeitiger Wärme- und Kältebedarf, der von Wärmepumpen mit unschlagbarer Effizienz gedeckt werden kann. Mit einem durchdachten Wärmepumpen-Systemdesign sind hohe energetische und somit wirtschaftliche Einsparungen möglich, die ebenfalls der Umwelt zugutekommen.
Kaskadenschaltung
Der Energie-, Heiz- und Kühlbedarf von Gewerbe- und Industrieanlagen unterscheidet sich teilweise deutlich von dem privater Ein- und Zweifamilienhäuser. Eine Sonderform beim Betrieb von Wärmepumpen ist die sogenannte Kaskadenschaltung. Diese verspricht bei einem variablen Leistungsbedarf Effizienzvorteile.
Dabei werden Wärmepumpen so miteinander verknüpft, bzw. in Reihe geschaltet, dass sich das Leistungsspektrum flexibel an den jeweiligen Wärme- oder Kühlbedarf und dessen natürliche Schwankung anpassen kann. Dadurch erhöht sich weitestgehend die Effizienz der Heizanlage bzw. die Wirtschaftlichkeit eines Kaskadensystems gegenüber einer bivalenten Wärmepumpenanlage. Außerdem werden so, gegenüber eine bivalenten Anlage, mehr Erneuerbare Energien genutzt.
Bei der Kaskadenschaltung können einzelne Wärmepumpen zu- oder abgeschaltet und so die gesamte Heizleistung des Wärmepumpensystems verändert werden. Damit kann die Effizienz des gesamten Heizsystems erhöht werden. Ferner ergibt sich durch die Reihenschaltung von mehreren Wärmepumpen ein höheres Temperaturniveau im gesamten Heizsystem, was für industrielle Prozesse interessant sein kann.
Wird in einem Objekt sowohl gekühlt als auch geheizt, können die Wärmepumpen innerhalb einer Kaskade einzeln zum Heizen oder zum Kühlen, als auch gemeinsam zum Heizen und Kühlen eingesetzt werden. Dabei ist zu beachten, dass für jede einzelne Wärmepumpe in einer Kaskade staatliche Förderungen beantragt werden können.
Hochtemperatur-Wärmepumpen in der Industrie
Hochtemperatur-Wärmepumpen (HTWP) sind zur Prozesswärmeerzeugung für einen Temperaturbereich bis zu 150 °C geeignet. In Deutschland beträgt die Nachfrage im Jahr etwa 100 TWh. Dank der Erzeugung mehrerer Prozesswärme-Einheiten durch eine Energieeinheit kann der Primärenergiebedarf und der CO2-Ausstoß stark reduziert werden.
HTWP sind in fast allen Anwendungen im entsprechenden Temperaturbereich anwendbar. Einsatzfelder sind zum Beispiel die Lebensmittel-, die Papier- und die Chemieindustrie. Die einzige Voraussetzung für die wirtschaftliche Umsetzbarkeit ist eine Wärmequelle (z. B. Abwasser) auf einem entsprechenden Temperaturniveau. Bei Bedarf an Wärme und Kühlung steigt der Wirkungsgrad und die Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe erhöht sich.
Wärmequellen:
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Wärmepumpe zeigen, dass der Kombination unterschiedlicher Wärmequellen (Erdwärme, Grundwasser, Abwärme) und der Einbindung weiterer Energie und Wärmeerzeuger (KWK, PV, Solarthermie) kaum Grenzen gesetzt sind.
Ebenso ist eine bivalente Heizungsanlagenlösung denkbar. Hierbei wird von der Wärmepumpe die Grundversorgung, z.B. zur Erwärmung von Heizungs- und Trinkwasser, übernommen. Darüber hinaus benötigte Wärme, wie es etwa bei extrem niedrigen Temperaturen vorkommen kann, wird von einem automatisch zugeschalteten Brennwertkessel geliefert.
Die meisten Wärmepumpenanlagen sind zudem umkehrbar und können zum Kühlen eingesetzt werden, was insbesondere bei industriellen Prozessen ein wesentlicher Vorteil sein kann. Auf den folgenden Seiten soll die Funktionsweise der Wärmepumpe in Kombination mit unterschiedlichen Wärmequellen verdeutlicht werden. Dabei gibt es eine Vielzahl denkbarer Optionen, die im Grunde für jede Art von Objekt nutzbar und miteinander kombinierbar sind:
Eine detaillierte Beschreibung der wesentlichsten Wärmequellen, welche für den Betrieb einer Wärmepumpe im Bereich der Gewerbeobjekte und Industrieanlagen in Frage kommen, finden Sie hier.
Erdwärme (Erdsonden, Erdkollektoren, Energiepfähle)
Wasser (Grundwasser, Flüsse, Seen, Quellwasser)
Abwärme bzw. Abluft (Kühlanlagen, Industrieprozesse)
Abwasser (mit konstant hoher Temperatur)
Solarthermie (insbesondere bei großen Freiflächen)
KWK-Anlagen (oder Bioenergie)
Gewerbeobjekte und Industrieanlagen mit Wärmepumpe
In dieser Publikation stellen wir Ihnen einige Beispiele aus der Praxis vor, bei denen die Wärmeversorgung ganzer Gewerbeobjekte und Industrieanlagen mithilfe von einzelnen (Groß-)Wärmepumpen oder Wärmepumpensystemen erfolgt. Die Wärmepumpe hat sich in neugebauten Ein- und Zweifamilienhäusern bereits zum Heizsystem der Wahl entwickelt und ist ebenso in Wärmenetzen immer häufiger anzutreffen. Anders sieht es jedoch im Gewerbe und in der Industrie aus - hier wird das Potential von Wärmepumpen leider immer noch zu selten genutzt. Dabei ist das in vielen Fällen kein Problem, wie wir Ihnen in dieser Publikation zeigen möchten.
Wärmepumpen Förderratgeber 2023 – Auflage Februar 2023
Der Einbau klimafreundlicher Wärmepumpen wird gefördert - sowohl im Bestand, als auch im Neubau. Unser Förderratgeber informiert Sie zu allen gängigen Bundesförderprogrammen im Ein- und Zweifamilienhausbereich. Dazu zählen die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit den Einzelprogrammen BEG Einzelmaßnahmen ("BAFA-Förderung") und BEG WG/NWG (KfW-Förderung Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden). Außerdem erhalten Sie Informationen zur ab 01.03.2023 gültigen Kreditförderung "Klimafreundlicher Neubau" (KFN).
Ihr Ansprechpartner
Felix Uthoff
Referent Technik und Normung