Spannende Impulse vom 17. Forum Wärmepumpe
Politik und Gesellschaft in Bewegung:
Neue politische Rahmenbedingungen und industriepolitische Potenziale für die Energiewende und die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie.
• Besucherrekord: Das 17. Forum Wärmepumpe begrüßt über 200 Gäste aus Politik, Handwerk, Industrie und Wissenschaft
• BMU und BMWI erläutern Klimapaket und Pläne zur Neuerung der Förderlandschaft
• Spannende Fachdiskussionen zu nationalen und internationalen industriepolitischen Potenzialen für die Wärmepumpe und zu den Herausforderungen für das Handwerk
Zum 17. Mal lud der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) zur seiner Wärmepumpenfachtagung ins Ellington Hotel nach Berlin. In diesen bewegten Zeiten hatten die Teilnehmer aus Industrie, Handwerk, Politik und Wissenschaft auf der diesjährigen Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Svenja Schulze stand, einiges zu besprechen: Noch Ende dieser Woche wird der Bundesrat über das Klimapaket der Bundesregierung abstimmen. Viele Eckpunkte, unter anderem die Reformierung der Förderlandschaft und die detaillierte Ausgestaltung des nationalen Emissionshandels werden in den kommenden Tagen Wochen und Monaten entschieden – die Stimmung innerhalb der Wärmepumpen-Familie schwankte dementsprechend zwischen Hoffnung und Enttäuschung.
Stimmungsschwankungen in der Branche: Kann dieses Klimapaket eine Wende einleiten?
Der BWP-Vorstandsvorsitzende Paul Waning begrüßte in seiner Eröffnungsrede die aktuellen Anstrengungen der Bundesregierung, verwies aber auch auf ein Potenzial, das längst noch nicht ausgeschöpft sei. „Deutschlands Wärmepumpenbranche darf industriepolitisch nicht unter die Räder geraten. Für einen Markthochlauf, der den Klimaschutzzielen gerecht werden kann, fehlen nach wie vor die Rahmenbedingungen zur Stärkung des Heimatmarktes. Hier sind entscheidende Impulse notwendig um auch international weiter bestehen zu können“, appelliert Waning.
Politik verteidigt Klimapaket
BMU-Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter äußerte sich hingegen zwar zuversichtlich, dass sich das Thema Klimaschutz zum Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft entwickelte und ermutigte die Branche, diese Chance durch Innovation und Wettbewerb zu nutzen. Sie betonte, dass Ölheizungen und synthetische Energieträger im Gebäudebestand zukünftig keine Rolle mehr spielen würden. Einwände aus dem Plenum zu der mangelnden Lenkungswirkung der geplanten Maßnahmen, insbesondere durch die unzureichende Absendung des Preises für erneuerbaren Strom, setze sie entgegen, dass es zunächst wichtig gewesen wäre, die Architektur für den Wandel zu schaffen, eine Nachsteuerung an vielen Stellen jedoch notwendig sei.
Auch Ulrich Benterbusch aus dem BMWI betonte, dass die Wärmepumpe für die Transformation des Gebäudesektors eine wichtige Rolle spiele. Benterbusch äußerte sich zuversichtlich, dass die Novellierung der Fördersätze tatsächlich zum 1. Januar 2020 in Kraft trete. Er erklärte außerdem, dass die Fördermittel im Gebäudeprogramm künftig nochmals erhöht werden sollen und dass weitere Anreize in Richtung serieller Sanierung gesetzt würden. Sein Kollege Andreas Babl aus dem Referat für Erneuerbare Energie im Wärmemarkt und Förderung Energieeffizienz in Gebäuden ergänzte weitere Details zu den geplanten Änderungen des Förderregimes.
Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik beim Ökoinstitut, Dr. Felix Matthes bemängelte in seinem Vortrag, dass das Einkommen aus dem CO2-Preis in Förderprogrammen verheizt werde, anstatt damit das Steuersystem in Ordnung zu bringen. Zudem sei das Modell des nationalen Emissionshandels nicht europäisch integrierbar.
Diese Einschätzungen waren auch Aufhänger der anschließenden kontroversen Podiumsdiskussion zum Thema „Klimakrise und Energiewende: Erreichen wir die Klimaziele 2030?“ an der Timon Gremmels (MdB, SPD), Dr. Julia Verlinden (MdB, B90/Die Grünen), Dr. Lukas Köhler (MdB FDP), Prof. Dr. Volker Quaschning (Scientists for Future) und Emma Fuchs (Fridays for Future) teilnahmen. Fazit der grünen Opposition: Es dürfe keine Schlupflöcher für fossile Energien mehr geben.
Prof. Dr. Armin Grunwald, Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) und Professor für Technikphilosophie am Institut für Philosophie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) rundete dieses Thema am zweiten Veranstaltungstag ab und berichtete über die Komplexität der Energiewende im Spannungsfeld Technik und Gesellschaft. Er hielt fest, Energiewende sei mehr als der Ersatz alter durch neue Technologien, sondern eine sozio-technische Transformation. Die Energiewende sei nicht zum Nulltarif zu haben, es fehle aus seiner Sicht eine Debatte, was sie uns wert ist.
Die industriepolitische Relevanz der Wärmepumpe
Dr. Volker Breisig (PricewaterhouseCooper (PwC) präsentierte in seinem Vortrag „Bedeutung der Wärmepumpe im industriepolitischen Kontext“ erste Ergebnisse der im Auftrag des BWP durchgeführten Studie und warf einen globalen Blick auf die Wärmepumpen-Branche. Ca. 50 Prozent des weltweiten Energiebedarfs werde für die Wärmebereitstellung in Haushalten und Industrie aufgewendet. Im Kontext der steigenden CO2-Emissionen verwundere es nicht, dass die Wärmepumpen-Verkäufe weltweit anstiegen und immer mehr Menschen sich für diese umweltfreundliche Lösung entschieden. Allerdings liege Deutschland im Vergleich zu anderen EU-Ländern, wie z.B. Norwegen und Schweden, deutlich zurück und damit unter den durchschnittlichen Jahresverkäufen, erklärte Breisig, was in erster Linie auf die unsere unverhältnismäßig hohen Strompreise zurückzuführen sei. Diese Diskrepanz müsse überwunden werden. Mit den entsprechenden Rahmenbedingungen könne Deutschland auch weltweit wettbewerbsfähig bleiben und sich als Innovationsstandort im Bereich Wärmepumpen profilieren. Die endgültigen Ergebnisse der Studie werden im ersten Quartal 2020 erwartet.
Herausforderungen für das Handwerk
Welche Herausforderungen ergeben sich aus der klimapolitischen Debatte für das SHK- und Elektrohandwerk? Wie wirken sich Digitalisierung und Energiewende auf Berufsausbildung und Qualifizierung aus? Diesen Fragen stellten sich Dipl.-Ing. Bernd Dechert, Geschäftsführer Technik und Berufsbildung beim ZVEH, Dr. Matthias Wagnitz, Referent für Energie- und Wärmetechnik beim ZVSHK, Dr. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer Stiebel Eltron und Frank Börsch, Sprecher des Beirat Handwerk BWP in einer gemeinsamen Diskussionsrunde am zweiten Veranstaltungstag.
Dass das Fachhandwerk bei der Umsetzung der Energiewende eine entscheidende Rolle spielen wird, war schon am Vortag bei der Vorstellung des Wärmepumpen-Online-Trainings für SHK-Auszubildende, das der BWP zusammen mit dem Team der digitalen Bildungs- und Wissensplattform ecolearn entwickelt, Thema. Einen Einblick in die ersten interaktiven Lernmodule konnten sich die Besucher vor Ort verschaffen und Professor Dr. Marmann von der Hochschule Düsseldorf und Mitgründer von ecolearn erläuterte den pädagogischen Ansatz des Trainings, das ab 2020 Berufsschulen und Ausbildungszentren als erweitertes Angebot zur Verfügung gestellt werden soll.
Diese und viele weitere spannende Vorträge, beispielsweise zum Thema SG-Ready (Jens Rammensee, Glen Dimplex Thermal Solutions), zu netzoptimierenden Maßnahmen in Verteilernetzen (Dr. Florian Samweber, Stadtwerke Augsburg), zu Möglichkeiten zur Energieeinsparung in der Trinkwassererwärmung (Dr. Christian Schauer, Viega) oder Quartierslösungen mit Wärmepumpe (Prof. Thomas Giel, Hochschule Mainz) lieferten an beiden Tagen für genügend Stoff für spannende Netzwerk-Gespräche.
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