Flexibilitätsoptionen und Netzstabilität mit Wärmepumpen
Im Rahmen der Berliner Energietage 2022 hat das Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) am 5. Mai 2022 eine vom Bundesverband Wärmepumpe beauftragte Studie zu den Auswirkungen des Wärmepumpenausbaus auf die Stromverteilnetze vorgestellt.
Für die Studie „Flexible Wärmepumpen im Verteilnetz“ – Flexibilitätspotenzial und Stabilität für das zukünftige Stromnetz” modellierte das Fraunhofer IEE verschiedene Flexibilitätsoptionen in einem Testnetz einer Kleinstadt. Die Studienautor*innen untersuchten wie sich der in den nächsten Jahren bevorstehende Ausbau von Wärmepumpen, E-Mobilität und PV-Anlagen auf das Stromnetz auswirkt. Dabei berücksichtigten sie auch einen Ansatz, in dem die Wärmepumpen in festen Zeitfenstern freiwillig ihre Leistung senken, um das Netz zu entlasten, wenn beispielsweise besonders viele Elektro-Autos geladen werden und damit das Verteilnetz fordern.
Eine solche Lösung ist mit allen marktgängigen Wärmepumpen umsetzbar, erfordert keinen separaten Zähler oder keinen separaten Tarif und kann den Stromnetzausbau um etwa 23% reduzieren. Matthias Lenz, Geschäftsfeldleiter Netzplanung und Netzbetrieb beim Fraunhofer IEE : betonte, dass der ohnehin in den nächsten Jahren bevorstehende Ausbau der Verteilnetze hierdurch deutlich entlastet werden könnte. „Das dynamische Zusammenspiel von Einzelanlagen, Akteuren und möglichen Flexibilitäten ist komplex, bietet aber auch sehr hohes Potential.“
Im Anschluss an die Studienpräsentation erörterte eine Diskussionsrunde aus Energie- und Wärmepumpenexperten die technischen und auch regulativen Optionen zum netzdienlichen Verhalten von Wärmepumpen. Egbert Tippelt, Produktmanager Wärmepumpen bei Viessmann Deutschland, verwies auf die bei vielen Wärmepumpen bereits mitinstallierten Heim-Energiemanagement-Systeme. Wärmepumpen könnten künftig mit Informationen über das Verhalten des Stromnetzes versorgt werden und die Zeiten ihrer eignen Leistungsaufnahme an vorhersagbare Parameter, wie beispielsweise Wettervorhersagen ausrichten. Auf diese Weise würden Ausbaubedarfe und -Kosten für die Netze nochmals deutlich gesenkt.
Claus Fest, Leiter Energiewirtschaft & Beschaffung bei EnBW wies darauf hin, dass die Aufmerksamkeit nicht nur der Wärmepumpe als Verbraucher gelten dürfe: „Die notwendige und durchgehende Intelligenz in den Verteilnetzen ist ein sehr wichtiges Element. Es bringt nichts, wenn wir die Anlagen sekundengenau steuern können, aber den Zustand unseres Netzes nicht kennen.“
Eine ambitionierte und anreizgesteuerte Transformation des Stromsystems sei letztlich auch im Interesse der Verbraucher, betonte Dr. Thomas Engelke, Teamleiter Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Er äußerte die klare Erwartungshaltung der Verbraucher*innen, dass Investitionen in Flexibilität als Dienstleistung am Energiesystem verstanden werden und in den Netzentgelten entsprechend honoriert werden sollten.
Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe, schloss die Runde, indem er betonte, dass vom Verbraucher, über die Energieversorger und Handwerksfirmen bis hin zum Wärmepumpenhersteller jetzt alle Planungssicherheit brauchen. „Dafür muss jetzt auch das angekündigte Gebot, dass ab 2024 bei jedem Heizungstausch mindestens 65% erneuerbare Wärme einzusetzen sind, dringend gesetzlich umgesetzt werden. Damit alle Betroffenen wissen, was auf sie zukommt.”