Bundesverband Wärmepumpe legt Rechtsgutachten zu Fernwärme-Anschluss- und Benutzungszwang vor

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Im Auftrag des Bundesverband Wärmepumpe hat sich die auf Energierecht spezialisierte Kanzlei re|Rechtsanwälte mit der Rechtsfrage befasst, ob Gebäudeeigentümer, die in eine Wärmepumpe investieren, im Falle eines späteren Fernwärmeausbaus dazu gezwungen werden könnten, ihre neue Heizung wieder zu entfernen und sich an die Fernwärme anzuschließen.

Berlin, 29. April 2024. Das Ergebnis des Rechtsgutachtens ist eindeutig: Die Investition in eine Wärmepumpe steht wegen ihrer Klimafreundlichkeit unter einem besonderen Schutz. Das Durchsetzen eines Anschlusszwangs gegenüber dem Betreiber einer Wärmepumpe verstieße fast immer gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zudem müssten Satzungen zum Anschluss- und Benutzungszwang Ausnahmen für Wärmepumpen vorsehen. 

 

BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel zeigt sich erfreut über das klare Ergebnis des Rechtsgutachtens. „In vielen Städten und Gemeinden wird gerade erst mit der Wärmeplanung begonnen, auf belastbare Aussagen zum Ausbau von Fernwärmenetzen wird man dort noch einige Jahre warten müssen. Dabei ist die Ausweisung als Wärmenetzausbaugebiet oder dezentrales Versorgungsgebiet unverbindlich und kann sogar unter Verweis auf sogenannte Prüfgebiete noch verschoben werden. Wenn es dann überhaupt zur Ankündigung eines Fernwärmeausbaus kommt, kann sich dieser über einen Zeitraum von Jahrzehnten erstrecken und später auch wieder zurückgenommen werden. Auf dieser Grundlage können Hausbesitzer aber nicht planen. Unser Rechtsgutachten stellt nun klar: Niemand muss auf die Wärmeplanung warten. Wer jetzt in eine klimafreundliche Wärmepumpe investiert, kann später nicht zum Anschluss an ein Wärmenetz gezwungen werden.“

Anschluss- und Benutzungszwang meist nicht verhältnismäßig

Das Rechtsgutachten führt aus, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang grundsätzlich zulässig sei, wenn damit ein Gemeinwohlbelang wie Klimaschutz verfolgt werde. Gegenüber der Versorgung mit einer dezentralen Heizung, wie etwa einer Wärmepumpe, müsse das Durchsetzen eines Anschlusszwangs jedoch dem Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Die Verdrängung einer bereits installierten Wärmepumpe durch einen Fernwärmeanschluss sei in den allermeisten Fällen weder geeignet noch erforderlich oder angemessen. Nur in ganz extremen Fällen sei es denkbar, dass eine Ausnahme abzulehnen wäre, weil das gesamte Wärmenetz sonst unwirtschaftlich würde. Dies müsste die Gemeinde nicht nur anhand sachgerechter Kriterien regeln. Sie wäre auch gehalten, zunächst auf Heizungen zuzugreifen, von denen Emissionen ausgehen. In dem etwas anders gelagerten Fall, dass sich jemand von einem bereits bestehenden Fernwärmenetzanschluss lösen möchte, um sich über eine neu zu installierende Wärmepumpe zu versorgen, kommt das Gutachten im Übrigen zu einem ähnlichen Ergebnis. Auch hier sei eine Ausnahme in der Regel zu gewähren.

Wirksame Fernwärmesatzungen müssen Ausnahmen vorsehen

In ihrem Gutachten sieht die Gutachterin Dr. Vollmer von re|Rechtsanwälte einen wichtigen Baustein für die Wärmewende. „Wir haben klargestellt, dass zwischen den im letzten Jahr verabschiedeten Maßnahmen kein Widerspruch besteht. Wer sich aufgrund von Heizungsförderung oder Gebäudeenergiegesetz für die Installation einer Wärmepumpe entscheidet, für den besteht keine Rechtsunsicherheit darin, dass Kommunen noch keine Wärmepläne oder Ausbaupläne der Fernwärme vorgelegt haben.“ Aus dem Rechtsgutachten werde außerdem deutlich, dass die Fernwärmesatzungen vielerorts noch einmal geprüft werden sollten, so die Gutachterin Dr. Miriam Vollmer. „Die Gemeinden müssen in ihren Satzungen zum Anschluss- und Benutzungszwang ausdrücklich Ausnahmen vorsehen, auf die sich Betroffene, die sich beispielsweise mit einer Wärmepumpe selbst versorgen wollen, berufen können. Ansonsten wäre die Satzung unwirksam.“

Kein grundsätzlicher Konflikt zwischen Wärmepumpe und Fernwärme

Einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Wärmepumpe und Fernwärme sieht Dr. Sabel ausdrücklich nicht. „Der Großteil der deutschen Wohngebäude ist nicht in den Ballungsräumen oder Innenstädten. Vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser stehen zumeist in Randbezirken von Städten oder im ländlichen Raum, wo sich aufgrund der geringen Bebauungsdichte ohnehin kein Wärmenetz lohnt. Konflikte mit dem Fernwärmeausbau treten nur selten auf.“ Deshalb ermögliche es das Wärmeplanungsgesetz, dass Kommunen noch vor Beginn der eigentlichen Wärmeplanung im Rahmen einer Eignungsprüfung klarstellen, wo Gebäudeeigentümer mit einem Wärmenetz nicht zu rechnen brauchen.

Kommunen und Betreiber unter Zugzwang

Der BWP sieht Kommunen und Betreiber von Wärmenetzen nun unter Zugzwang, von diesem Mittel auch Gebrauch zu machen. Komme eine Kommune dieser Verantwortung nicht nach, weil sie zum Beispiel davor zurückscheut, öffentlich erklären zu müssen, dass die Versorgung aus dem Gasnetz ein Ende haben wird, werde sie früher oder später von der Realität eingeholt. „Unser Rechtsgutachten unterstützt Gebäudeeigentümer dabei, sich notfalls auch ohne Wärmeplanung auf den Weg der Klimaneutralität machen“, so Dr. Sabel.

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