Bezahlbarer Klimaschutz mit stärkerer CO2-Bepreisung
Neuordnung der Abgaben und Umlagen bei Strom, Wärme und Verkehr. Bei dieser Veranstaltung der Agora Energiewende wurden die in der neuen Studie beinhalteten Reformvorschläge auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede geprüft und verglichen. Des weiteren griff die Veranstaltung die Themen der Umsetzbarkeit, Wirkung und Verteilungseffekte einer Abgaben-/Umlagen-Reform auf.
Deutschland besitzt eine überduchschnittlich große Diskrepanz zwischen Strom- und Brennstoffpreisen. Im EU-Vergleich schneidet Deutschland sichtlich schlecht ab, denn es ist das teuerste Stromland EU-weit. Im Bezug auf Benzin, Diesel und Erdgas bewegt sich Deutschland im Mittelfeld. Bei Heizölpreisen hingegen, liegt unser Land an fünftletzter Stelle vor Belgien,Großbritanien, Litauen und Luxemburg. Kein anderes Land in Europa hat ein derartiges Missverhältnis zwischen Strompreisen und den Preisen für fossile Energieträger. Deutschland spricht sich zwar dafür aus die Klimaziele erreichen zu wollen, besitzt aber kein konkretes Instrument welches dies wirklich fördert.
Am 19.11.2018 auf der Agora Veranstaltung „Neuordnung der Abgaben und Umlagen bei Strom, Wärme und Verkehr" trafen sich Akteure die hinter gründlich durchdachten Reformvorschlägen stecken, um diese vorzustellen und anschließend bei einer Podiumsdisskusion gemeinsam zu evaluieren und zu vergleichen. Die Ziele waren klar formuliert: Klimaschutz, Sektorkopplung, bessere Integration erneuerbarer Energien und die Entlastung der Stromverbraucher stehen im Fokus.
Übersicht der Reformvorschläge:
Um die Stagnation beim Klimaschutz in Deutschland zu beenden, schlägt Agora Energiewende vor, alle klimaschädlichen Energien mit CO2-Aufschlägen zu belasten. Dazu sollen die Energiesteuern auf die einzelnen Energieträger entsprechend ihrer Klimaschädlichkeit aneinander angeglichen werden. In der Folge würde Strom um 10 bis 25 Prozent günstiger, Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas würden teurer. Die Be- und Entlastungen für Verbraucher und Unternehmen sollen sich so die Waage halten. Ein Teil des Aufkommens soll auch genutzt werden, um Klimaschutzmaßnahmen direkt zu fördern und Härtefälle in der Bevölkerung und bei Unternehmen abzufedern.
Das von Agora Energiewende vorgestellte Impulspapier beruht auf einer Vielzahl von Vorschlägen aus der Fachwelt. Es kondensiert diese zu drei verschiedenen Varianten zur Erhebung und Rückverteilung der CO2-Aufschläge. Die CO2-Aufschläge orientieren sich entweder an ähnlichen Programmen in andere Ländern Europas oder an den Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) entstehen.
In der kleinsten der drei Varianten erfolgt ein einmaliger Aufschlag von umgerechnet 45 Euro pro Tonne CO2 auf die Benzin-, Diesel-, Heizöl- und Erdgaspreise. Im Gegenzug werden die Strompreise um rund 13 Prozent gesenkt (entsprechend vier Cent je Kilowattstunde) und ein Klimaschutzprogramm mit einem Volumen von jährlich 2,7 Milliarden Euro aufgelegt, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken und die Ladeinfrastruktur für Elektroautos auszubauen. Ein solcher Aufschlag von 45 Euro je Tonne CO2 wird bereits heute in Frankreich auf Kraft- und Heizstoffe erhoben.
Die mittlere Variante wäre zunächst identisch mit der kleinen Variante. Allerdings würde der CO2-Beitrag danach jährlich um 10 Euro pro Tonne CO2 erhöht. Zudem würde das Steuerprivileg auf den vergleichsweise klimaschädlichen Diesel-Kraftstoff abgeschmolzen. Auch hierfür ist Frankreich Vorbild. [...] Zudem würden in der mittleren Variante im Jahr 2024 rund 10 Milliarden Euro für die Energiewende im Verkehrs- und Wärmesektor zur Verfügung stehen sowie für einen „Wechsel-Fonds für die private Energiewende für besonders vom CO2-Aufschlag Betroffene“. Hieraus könnten zum Beispiel in alten Häusern Dämmung und Heizungssanierungen bezahlt werden oder Viel-Pendlern der Wechsel von einem Auto mit Verbrennungsmotor zu einem Elektro-Auto bezahlt werden.
In der großen Variante schließlich wird die Systematik von Umlagen und Steuern auf Energie vollständig reformiert. Alle Umlagen und Steuern würden zunächst komplett gestrichen und anschließend zum einen gegen einen CO2-Beitrag in Höhe von zunächst umgerechnet 125 Euro pro Tonne CO2 ersetzt. In dieser Höhe liegen derzeit die Schäden, die der Ausstoß von CO2 laut Umweltbundesamt verursacht. Werden die Emissionsziele des jeweiligen Sektors nicht erfüllt, erhöht sich der CO2-Beitrag für diesen Sektor im nächsten Jahr; werden die Ziele hingegen erreicht, so bleibt der CO2-Beitrag konstant. Zum anderen würde auf jede Energie ein Beitrag für die Infrastruktur erhoben, die zur Nutzung im jeweiligen Sektor nötig ist – bei Benzin und Diesel also ein Beitrag zur Finanzierung von Straßen. [...] Zusätzlich führt die große Variante im Stromsektor zu einer stündlich variablen Stromsteuer, wodurch die Nutzung von klimaschädlichem Strom verteuert und die von klimafreundlichem Strom verbilligt würde. Das würde den Einsatz von klimafreundlichem Strom im Wärme- und Verkehrsbereich beschleunigen. (Agora Energiewende)
Dr. Patrick Graichen, Direktor der Agora Energiewende zieht am Ende der Veranstaltung die Schlussfolgerung, dass die Zeit nun reif ist zu Handeln. „Wir reden nichtmehr über rechtliche Zweifelsfragen oder rechtliche Möglichkeiten sonder über politischen Willen", so Graichen. Es ist klar, dass die CO2-Bepreisung kein Allheilmittel sei und noch andere Hilfsmittel und Programme dazugehören um den Klimaschutz zusammen mit der Energiewende voranzutreiben, jedoch ist sie ein treibendes Intrument um wichtige Anreize zu setzen. Nun heißt es „Dran bleiben bis es umgesetzt ist".
Die Studie „Eine Neuordnung der Abgaben und Umlagen auf Strom, Wärme, Verkehr -Optionen für eine aufkommensneutrale CO2-Bepreisung“ steht zum Download zur Verfügung.
Das Live-Video zur Veranstaltung finden Sie hier.