Interview mit Harald Fonfara (VDI)
Das Jahr 2018 bringt für die deutsche Wärmepumpen-Branche eine große Neuerung mit sich: Zusätzlich zur aktualisierten VDI-Richtline 4645 wurde eine Schulung zum Sachkundigen für Wärmepumpensysteme nach VDI 4645 entwickelt. Qualifizierungspartner dieses Schulungsprogramms ist der Bundesverband Wärmepumpe - unser Geschäftsführer Dr. Martin Sabel gehörte zu den ersten Testern des Prüfungstools (und hätte auf Anhieb bestanden). Als Partner war bei uns in der Geschäftstelle die Freude entsprechend groß, als kürzlich der erste Fachhandwerker seine Sachkundigenprüfung erfolgreich bestanden hat. Da man sich unter der Zahlenkombination 4645 so wenig konkretes vorstellen kann, haben wir mit Harald Fonfara vom VDI ein Interview geführt und uns die Sache nochmal erklären lassen.
Herr Fonfara, was hat den VDI dazu motiviert, eine Richtlinie zur Planung und Dimensionierung von Wärmepumpen herauszugeben?
Die Initialzündung war ein Richtlinienantrag von Prof. Heikrodt (früher Viessmann, jetzt Hochschule Ostwestfalen-Lippe) an die VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt, dem die in Fachkreisen vielfach geäußerte Erkenntnis vorausging, dass hier ein Defizit vorliegt. Ziel war die Schaffung eines einheitlichen Verfahrens zur Planung und Dimensionierung von Heizungsanlagen mit Wärmepumpen, mit dem die maßgeblichen Auslegungsparameter sämtlicher zum Gesamtsystem gehörigen Komponenten ermittelt werden können. Und der VDI mit seinen Gesellschaften Energie und Umwelt bzw. Bauen und Gebäudetechnik ist prädestiniert dafür, sich mit seinen Fachleuten einer solch breiten interdisziplinären Thematik anzunehmen.
Worum geht es in den Schulungen nach VDI 4645 Blatt 1? Welche Aspekte werden behandelt?
In den Schulungen nach VDI 4645 Blatt 1 werden alle Aspekte der zugrundeliegenden Planungsrichtlinie VDI 4645 behandelt. Dabei wird dem logischen Ablauf bei der Planung und Errichtung einer Wärmepumpenanlage gefolgt, beginnend bei den Voruntersuchungen, weiter der Grundlagenermittlung, nachfolgend der Detailplanung und endend bei Inbetriebnahme und einer Unterweisung des Nutzers. Für jedes Kapitel der Planungsrichtlinie ist ein Schulungsblock vorgesehen, je nach Wichtigkeit unterschieden in Vorträge, Demonstration von Vorgängen anhand von z. B. Funktionsmustern und praktische Übungen. Das Lösen von Aufgaben wie z. B. die Bemessung einer Erdwärmesondenanlage nach VDI 4640 Blatt 2 und die Ermittlung der Jahresarbeitszahl nach VDI 4650 Blatt 1 sind darin ebenso enthalten, wie Berechnungen zur Schallausbreitung bei Luft-Wasser-Wärmepumpen, zur Festlegung von Speichergrößen für Heizung oder Trinkwassererwärmung oder auch die Auswahl einer geeigneten hydraulischen Schaltung anhand von Kriterien. Und da jeder Teilnehmer neben der Schulungsunterlage auch ein Exemplar der Richtlinie VDI 4645 und Auszüge aus VDI 4640 Blatt 2 und VDI 4650 Blatt 1 erhält, ist auch nach der Schulung ein Nachschlagen nach Inhalten, das Nutzen von Checklisten und Ablaufschemen oder ein Nachvollziehen der zahlreichen Beispielrechnungen möglich. Darüber hinaus bietet der VDI für jeden Schulungsteilnehmer gegen geringe Gebühr ein attraktives Paket der Nutzung einer Reihe relevanter Richtlinien an, inkl. deren Aktualisierung.
Wer bildet die Zielgruppe solcher Schulungen?
Die Schulungen sind gestaffelt nach Zielgruppen, einmal die „reinen“ Errichter, das sind diejenigen, die eine fertig ausgearbeitete Planungsunterlage bekommen und in den Schulungen auf die Besonderheiten, die bei der Errichtung einer Wärmepumpenanlage bezüglich Anlagenhydraulik, einem Speicherkonzept, der Heizflächenbemessung, usw. bestehen, hingewiesen werden. Eine weitere Zielgruppe bilden die Planer von solchen Anlagen, Schwerpunkt hier natürlich die Planung der Anlage und Bemessung aller Komponenten. Und zu guter Letzt bieten wir noch ein Schulungsprogramm für die Kombination aus den vorgenannten Zielgruppen, das sind vor allem bei kleineren Unternehmen diejenigen, bei denen Planung und Errichtung in einer Hand liegen.
Was wird am Ende geprüft und wie umfangreich wird die Prüfung sein?
In der Prüfung werden Fragen zu allen 12 geschulten Blöcken gestellt. Das Prüfungsverfahren wird online ablaufen, aus einem Pool von Fragen werden mindestens 2 Fragen gestellt, bei denen im Multiple-Choice-Prinzip aus vorgegebenen 3 bis 5 Antworten die eine richtige oder auch mehreren richtigen auszuwählen sind. Die Prüfungszeit ist auf 120 Min beschränkt, sie findet unter Aufsicht statt, schriftliche Unterlagen sind zugelassen, elektronische Hilfen jedoch nicht. Derzeit ist ein Gremium damit beschäftigt, einen ersten Fragenpool mit den zugehörigen richtigen und falschen Antworten zu erstellen.
Was versprechen Sie sich persönlich von den Schulungen?
Ich erwarte von den Schulungen, dass die Schulungsteilnehmer erweitertes Wissen über die bei Wärmepumpenanlagen besonders geltenden funktionalen Zusammenhänge zwischen Wärmequelle, Wärmeerzeugung, der Verteilung im Gebäude und der Wärmeübergabe erfahren und dies später bei von ihnen zu planenden bzw. zu errichtenden Anlagen auch anwenden können. Letztendlich habe ich den Anspruch, dass sich sukzessive die Ausführungsqualität derartiger Anlagen erhöht, zur Zufriedenheit aller, vom Planer über den Errichter bis hin zum Nutzer.