Expertenmeinung: Interview mit Volker Tyc
Heute begrüßen wir im 12. Teil unserer Serie „Köpfe“ Volker Tyc. Er ist Geschäftsführer der Öko-Hus Planungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH aus Jörnstorf, einem Unternehmen, das seit dem Jahr 2000 erfolgreich auf regenerative Energien setzt.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten!
1. Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch?
Ich denke nicht, dass die Zielvorgabe von 500.000 ab 2024 unrealistisch ist! Die derzeitigen Rahmenbedingungen passen leider nicht, es herrscht zu viel Bürokratie. Zum Beispiel das Thema Erdwärme: Sachbearbeiter, die Anträge bearbeiten, sind seit Jahren überlastet, wodurch die Bearbeitungszeit der Anträge sich in die Länge zieht. Das baut Frust bei den Bauherren auf.
2. Hätten Sie im Jahr 2000 gedacht, dass die Wärmepumpe jemals ein so „großes“ Thema wird?
Ich persönlich habe schon lange an den Durchbruch der Wärmepumpentechnologie geglaubt! Während meiner Arbeit bei BOSCH Junkers und später als Business-Development Manager für regenerative Energien waren Wärmepumpen mein Aufgabengebiet national. Durch meine jetzige Tätigkeit konnte ich auch viel Erfahrung im internationalen Raum sammeln (vor allem in Kanada und Skandinavien). In Schweden – also kälteren Gegenden – ist die Wärmepumpe schon lange etabliert, sprich 9 von 10 Heizungen sind Wärmepumpen. Deshalb war und bin ich überzeugt, dass ähnliches auch für den deutschen Markt möglich ist.
3. Wie viele Wärmepumpen pro Jahr planen Sie?
Wir planen zwischen 120 und 150 kleine Anlagen pro Jahr, bei größeren Anlagen sind es zwischen 5 und 10.
4. Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu planen?
Bei kleineren Anlagen rechnen wir mit einer Planungszeit von ca. 6 Monaten, bei größeren Anlagen kommen Faktoren wie die Berechnung der Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit hinzu, hier kann die Planung bis zu 2 Jahre in Anspruch nehmen.
5. Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht?
Wir arbeiten zu ca. 70 Prozent im Sanierungsbereich und schauen uns vorher die Gebäude an und lassen uns so viel wie möglich vorhandene Daten geben.
Anschließend machen wir eine Kosten-Nutzungsrechnung mit verschiedenen Heizsystemen, wenn diese dann positiv ausfällt, dann versuchen wir nach Möglichkeit immer eine Erdwärmepumpe zu empfehlen.
6. Welche regenerative Heizung empfehlen Sie als Alternative zur Wärmepumpe?
Es kommt auf die Situation an. In der Vergangenheit haben wir Gasbrennwert als Alternative gesehen, BHKW (Blockheizkraftwerke) oder für Leute, die das nötige „Kleingeld“ haben, die Brennstoffzelle.
Ich persönlich bin kein großer Freund der Pelletheizungen, da diese nicht automatisch ökologisch sinnvoll sind. Das Holz muss beschafft werden, Wälder werden dafür abgeholzt, was meiner Meinung nach aus Umweltgründen und wirtschaftlich keinen Sinn macht. Der hohe Platzbedarf, Wartungsaufwand usw. sind einige weitere Nachteile.
Als Alternative für die Zukunft in der Sanierung von Wohnhäusern halte ich auch kleine Quartierslösungen mit Nahwärme in Kombination mit Erdwärme.
7. Wird Ihrer Meinung nach Wasserstoff jemals beim Heizen eine Rolle spielen?
Wasserstoff ist meiner Meinung nach wünschenswert und aus Sicht des Klimaschutzes notwendig, Aktuell sehe ich da aber noch einige Hindernisse:
Wasserstoff erzielt derzeit einen zu schlechten Wirkungsgrad und ist derzeitig wirtschaftlich sehr kostenintensiv, was sich aber womöglich in den kommenden Jahren ändert.
8. In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel.
Was können Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen wie Ihres dagegen tun?
Wir brauchen einen Zusammenschluss, um für unseren Bereich mehr Interesse zu wecken! Das Handwerk ist ein sehr spezieller, zukunftsträchtiger Bereich ohne den gesellschaftlich nichts geht.
Dies müssen wir auch insbesondere gegenüber jungen Menschen besser kommunizieren, beispielsweise in den neuen sozialen Medien.
Für unser Büro kann ich sagen, dass wir einmal pro Jahr 9. und 10. Klassen einladen und dort das Handwerk detailliert auch praktisch vorstellen. Tatsächlich haben sich schon einige Gymnasialschüler anschließend bei uns gemeldet, weil sie sich für einen Beruf im Handwerk entschieden haben.
Allerdings gehe ich mit der Aussage mit, dass sich der Fachkräftemangel nicht mehr beheben, sondern nur durch Abwerbung aus anderen Branchen verschieben lässt, was dann wiederum zu einer Konkurrenzsituation zu anderen Branchen führen könnte.
9. Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.
Denken Sie, dass dies eintreten wird?
Leider glaube ich nicht, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein wird. Das GEG hat sich verzögert, es wurden auch schon wieder Rufe laut, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Angelegenheit nochmal beschäftigen muss, was wiederum wertvolle Zeit kosten wird. Die Bundesregierung wirkt auf mich unfertig und auch fragwürdig, siehe Förderprogramme, 65% EE-Regelung und die derzeitigen Vorgaben beim Einbau von Heizsystem.
Mir scheint es, als fehle die klare politische Richtung und ein gemeinsamer Nenner aller politischen Parteien, weshalb uns die Treibhausgasneutralität meiner Einschätzung nach bis 2045 leider nicht gelingen wird.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Tyc!