Expertenmeinung: Interview Tobias Harhammer

Heute begrüßen wir zum neunten Teil unserer Serie „Köpfe“ Tobias Harhammer, Bereichsleiter Wärmepumpe des Betriebs „iKratos Solar- und Energietechnik“ aus Weißenohe in Bayern, einem Betrieb, welcher seit 1999 die Wärmewende vorantreibt.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten!


1.    Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch?
Ich halte es, Stand jetzt, für leider nicht realistisch! Die gesamte Branche leidet unter Lieferengpässen und auch in der Ausbildung liegt der Fokus zu sehr auf fossilen Energien. Ich halte es jedoch zukünftig für möglich, jährlich 500.000 Wärmepumpen einzubauen.


2.    Was sind Ihre Gedanken zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)?
Ich finde das GEG grundsätzlich gut, der Inhalt des Gesetzes ist ebenfalls gut, jedoch wurde es schlecht kommuniziert! Auch halte ich einen diskutierten, späteren Start des GEG für kontraproduktiv, da dies für noch mehr Unsicherheit sorgen würde und ein späterer Start des GEG nichts an der Tatsache ändern würde, dass der Klimaschutz durchgesetzt werden muss.


3.    Wie viele Wärmepumpen pro Jahr installieren Sie?
Wir installieren pro Jahr ca. 80 Luft-Wasser-Monoblock-Wärmepumpen, meist in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage.


4.    Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu installieren?
Wir rechnen mit einer Arbeitszeit von 4 Werktagen von der Demontage einer alten Anlage bis zum Anschluss einer Wärmepumpe.


5.    Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht?
Grundsätzlich empfehle ich allen eine Wärmepumpe, die über die Erneuerung ihres Heizsystems nachdenken! Das Gebäude muss selbstverständlich entsprechend gedämmt sein. In unserem Kundenstamm, sind 85 Prozent der Gebäude wärmepumpentauglich.


6.    Welche regenerative Heizung empfehlen Sie als Alternative zur Wärmepumpe?
Eine regenerative Alternative wäre meiner Ansicht nach die Pelletheizung, sofern die Pellets aus nachhaltigen Stoffen produziert sind. Wasserstoff könnte zukünftig ebenfalls eine Alternative werden, zurzeit ist er jedoch noch nicht ausreichend verfügbar und zu teuer.
In städtischen Quartieren ist zukünftig auch die Fernwärme eine Option, sofern die Netze hinreichend geplant und organisiert sind.


7.    Wie sehr hat sich das Kundeninteresse zu früher geändert?
Wir haben festgestellt, dass die Kunden heutzutage besser vorbereitet sind, als zu meinen Anfängen im Jahr 2017! Die Kunden stellen mehr technische Fragen und man fängt beim Gespräch mit den Kunden nicht bei 0 an.
Ausschlaggebend dürfte dafür der Ukraine-Krieg sein, ebenso die steigenden Preise für fossile Energieträger.


8.    In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel.
Was sind Ihre Forderungen an Politik und Gesellschaft, dagegen zu steuern?

Eine Forderung meinerseits ist definitiv die Aufforderung, einen Beruf im Handwerk zu erlernen! Das Handwerk braucht insgesamt eine bessere Stellung in der Gesellschaft, denn nicht jeder muss studieren, um einen attraktiven Beruf zu haben! Leider hat das Ausbildungssystem an Attraktivität verloren! Ich denke hingegen nicht, dass das Abwerben aus anderen Branchen den Fachkräftemangel löst! Der Fachkräftemangel ist gerade akut, deshalb muss er auch akut bekämpft werden und nicht erst in 5 Jahren.
Eine Möglichkeit wäre es, die jungen Menschen dort abzuholen, wo sie sich meistens aufhalten: Auf Instagram und Tiktok. Dort könnte man beispielsweise Influencer einsetzen, die für eine Ausbildung im Handwerk werben und die Attraktivität eines handwerklichen Berufs aufzeigen.


9.    Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen?
Wir setzen zunächst auf ein gutes Betriebsklima und kümmern uns intensiv um unsere Mitarbeiter! Wir investieren in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter und zahlen überdurchschnittliches Gehalt. Auch zahlen wir Prämien an unsere Mitarbeiter, wenn diese neue Mitarbeiter werben. Wir sind derzeit am Überlegen, ob wir unseren Mitarbeitern zukünftig ebenfalls Umschulungen finanzieren.


10.    Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.
Denken Sie, dass dies eintreten wird? Welche konkreten Maßnahmen würden Sie an Stelle der Regierung ergreifen, um sicherzustellen, dass dies auch tatsächlich geschieht?

Ich halte es definitiv für möglich, dass Deutschland im Jahr 2045 treibhausgasneutral sein wird! Treibhausgasneutralität betrifft viele Bereiche, wie beispielsweise die Industrie oder den Verkehr. Es braucht ein schlüssiges und überzeugendes Gesamtkonzept, beispielsweise positive Anreize wie Prämien für Unternehmen, auf treibhausgasneutrale Techniken zu setzen.
Das vermehrte Aufkommen von E-Autos zeigt, dass sich Ziele erreichen lassen, wenn alle zusammen diese angehen.


Vielen Dank für das Gespräch, Herr Harhammer!