Expertenmeinung: Interview mit Norbert Borgmann

Heute begrüßen wir im zehnten Teil unserer Serie „Köpfe“ Norbert Borgmann, Geschäftsführer der Borgmann Haustechnik GmbH aus Wesel, einem Betrieb, der bereits seit 1951 im Handwerk tätig ist. Zudem ist Borgmann Vizepräsident des Zentralverbandes SHK.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten!

1.    Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch?
Theoretisch halte ich es für möglich, allerdings sehe ich einige praktische Hindernisse:
Die Akzeptanz der Wärmepumpe ist schlicht nicht vorhanden und nimmt sogar leider ab!
Wir haben Kunden, die zunächst den Auftrag für eine Wärmepumpe erteilt haben, diesen dann aber wieder abbestellt haben.
Unsere Kunden vertrauen zurzeit der Bundesregierung nicht. Es braucht Gesetze und klare Förderrichtlinien.
Von der Machbarkeit allerdings, würde das Handwerk es schaffen.


2.    Inwiefern hat sich das Kundeninteresse generell gewandelt? Stellen Sie fest, dass Kunden sich generell mehr mit dem Thema Heizen (insbesondere der Wärmepumpe) beschäftigen?
Zurzeit stelle ich kein besonders gesteigertes Interesse fest. Zu Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 hingegen schon, wobei mir jedoch klar war, dass diese Blase platzt. Die gefühlte Gasknappheit hat zu einer Reaktion geführt, nachdem sich die Situation auf dem Gasmarkt einigermaßen beruhigt hatte, war mir klar, dass das Interesse wieder nachlassen wird. 


3.    Was sind Ihre Gedanken zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)?*
Grundsätzlich ist das GEG ein Gesetz, das an der Praxis vorbeigeht. Das Gesetz hätte behutsamer erklärt, diskutiert und anschließend beschlossen werden müssen und nicht mit der Brechstange. Grundsätzlich ist es ein Problem für das Handwerk, dass immer noch nichts verabschiedet wurde. Ich fürchte, es wird einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand geben.


4.    Wie kann man Ihrer Meinung nach die dringend nötige Wärmewende besser in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken?
Es braucht eine klare Linie. Die Leute wollen Rechtssicherheit und klare Rahmenbedingungen, an denen sie sich zukünftig orientieren können.


5.    Wie viele Wärmepumpen pro Jahr installieren Sie?
Letztes Jahr haben wir ca. 30 Wärmepumpen installiert, dieses Jahr werden es wohl weniger, womöglich 20 bis zum Ende des Jahres.


6.    Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu installieren?
Im Neubau brauchen wir ca. 2 Werktage, da das meiste schon fertig ist, sodass wir die Wärmepumpe nur noch einzubauen brauchen.
Im Altbau (Einfamilienhaus) hingegen, rechnen wir mit einer Arbeitszeit von 5 Werktagen.
Generell kann ich sagen, dass eine Wärmepumpe einen Mehraufwand von einem Tag in Neubauten gegenüber einer Gasheizung bedeutet.


7.    Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht?
Grundsätzlich empfehle ich jenen Kunden eine Wärmepumpe, die ihr Haus gut gedämmt haben bzw. bei denen die Dämmung nicht effizienter gestaltet werden kann und die Heizflächen eine max. Vorlauftemperatur von ca. 60 Grad. benötigen.
Die Wärmepumpe ist Stand jetzt, die beste Heiztechnologie für die Zukunft. 


8.    Welche regenerative Heizung würden Sie als Alternative zur Wärmepumpe empfehlen?
Als Alternative empfehle ich Fernwärme, zumindest dort, wo es das Netz hergibt (in Ballungsräumen) und es sich preislich lohnt. Eine weitere Alternative wäre meiner Meinung nach die Pelletheizung, auch wenn diese nicht so weit verbreitet und recht teuer ist.

9.    In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel.
Was sind Ihre Forderungen an Politik und Gesellschaft, um dies zu ändern?

Generell denke ich, dass das Handwerk einen besseren Stellenwert in der Gesellschaft braucht! Eine Forderung an die Politik ist, Anreize zu setzen, dass sich die Leute mehr mit dem Handwerk beschäftigen.
Auch finanziell sollte es sich lohnen. Überstunden sollten steuerfrei sein, das würde die Menschen auch motivieren, noch mehr zu arbeiten, da so mehr Netto vom Brutto bliebe.
Ich bin skeptisch, dass die Probleme bloß durch Zuwanderung gelöst werden können, ich denke, dass zukünftig vieles automatisiert werden wird.


10.    Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen?
Zunächst einmal legen wir großen Wert auf ein gutes Betriebsklima. Auch werden unsere Mitarbeiter am Gewinn beteiligt und überdurchschnittlich bezahlt.
Auch auf unseren Social-Media-Kanälen sind wir sehr aktiv (insbesondere bei Instagram und Facebook), wo unsere Mitarbeiter Baustellenfilme zeigen.
Dadurch erhalten wir viele Bewerbungen, was uns natürlich freut.


11.    Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.
Denken Sie, dass dies eintreten wird?

Ich bin da leider skeptisch, ob wir das mit unserer heutigen Technologie schaffen.
Ich bezweifle, dass dies nur mit Photovoltaikanlagen und Windrädern funktionieren wird.
Es wird wohl vermehrt Wasserstoff benötigt.
Beim aktuellen Ausbautempo der Netze, wird es uns leider nicht gelingen.


12.    Abschließend ein kleiner Gedanke:
Der heutige Norbert Borgmann von 2023, Inhaber des gleichnamigen Betriebs, könnte dem Lehrling Norbert Borgmann aus den 1970er-Jahren einige Worte sagen.
Was würde er ihm mit auf den Weg geben?

Ich würde ihm sagen: Du hast einen ehrbaren Beruf gewählt, in dem du es zu etwas bringen kannst.
Ich würde dies allerdings auch allen anderen zukünftigen Personen von mir sagen!

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Borgmann!

 

* Das Gebäudeenergiegesetz wurde am 08. September durch den Deutschen Bundestag verabschiedet, das Gespräch führten wir einige Zeit vorher.