Heute begrüßen wir zum siebten Teil unserer Serie „Köpfe“ Markus Nitzschke, Inhaber der JuNi Gebäudetechnik GmbH in Kassel, einem Unternehmen, welches seit 2019 im Handwerk tätig ist.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten!
1. Ab dem nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch?
Ich halte dies für realistisch! Unser eigener Betrieb plant dieses Jahr 100 Wärmepumpen einzubauen, deutschlandweit gibt es ca. 45.000 Unternehmen, die im SHK-Bereich tätig sind.
Wenn jeder mit anpackt und die Bundesregierung die Zielrichtung vorgibt, halte ich das für realistisch. Pessimismus macht die Sache nicht leichter.
2. Hätten Sie 2019 gedacht, dass die Wärmepumpe jemals ein so „großes“ Thema wird?
Ich persönlich hatte es schon im Jahr 2020 im Gefühl! Die Wärmepumpe sollte ab dem Zeitpunkt stark gefördert werden, das Gefühl war schon im Dezember 2019, zu Zeiten der ersten GEG-Debatten greifbar. Auch die Hersteller haben zu dem Zeitpunkt neue Wärmepumpen angekündigt, die beispielsweise R290 als Kältemittel nutzen. Konventionelle Heizsysteme wurden benachteiligt bzw. nicht mehr gefördert. Dadurch wurde der Trend vorhersehbar, dass regenerative Technologien „durch die Decke“ gehen werden. Nach wie vor arbeitet die Zeit und die politische Agenda für die Wärmepumpe.
3. Was sind Ihre Gedanken zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)?
Das GEG ist eine grundsätzlich sehr gute Idee, um die notwendige Transformation voranzutreiben. Den ersten Entwurf aus dem Jahr 2020 habe ich begrüßt, er war sehr technologieoffen, auf diesem hätte aufgebaut werden müssen.
4. Würden Sie es begrüßen, wenn das GEG später verabschiedet werden würde?
Ich halte nichts davon! Es würde die Leute bestrafen, die heute schon handeln möchten und die angestrebte Treibhausgasneutralität 2045 wäre gefährdet. Die Industrie welche für ihre Investitionen Planungssicherheit braucht, ist ebenfalls auf eine schnelle nachhaltige Entscheidung angewiesen, es wird sonst Arbeitsplätze und Zeit kosten. Das GEG muss nach der Sommerpause in sinnvoller und nachhaltiger Form verabschiedet werden!
5. Wie viele Wärmepumpen pro Jahr installieren Sie?
Wir planen dieses Jahr 100 Wärmepumpen zu installieren und stehen derzeit bei ca. 60 Wärmepumpenanlagen. 20 – 30 % der Anlagen mussten wir allerdings neu terminieren, da wir auch auf die Ware der Hersteller warten mussten. Für nächstes Jahr geht die Tendenz nach oben, allerdings steht und fällt alles mit dem GEG.
6. Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu installieren?
Wir gehen von einer Arbeitszeit von 3- 5 Werktagen aus, dann ist die Wärmepumpe betriebsbereit.
7. Ist die Wärmepumpe das Allheilmittel der Heizungstechnologie, oder gäbe es Ihrer Meinung nach Alternativen?
Ich würde die Wärmepumpe nicht als Allheilmittel bezeichnen, jedoch gehe ich davon aus, dass sie für ca. 70 % der Gebäude geeignet ist, insbesondere für den Gebäudebestand ab 1980, sowie für den sanierten und teilsanierten Gebäudebestand von vor 1980. Die Technik schreitet weiter voran, es wird sich zeigen ob auch die letzten ca. 30% der Gebäude wirtschaftlich mit einer Wärmepumpe betrieben werden können.
8. Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht?
Grundsätzlich empfehle ich zumindest jedem, sich Gedanken über eine Wärmepumpe zu machen. Letztlich kommt es auf das Haus an! Via Heizreport kann man vieles vorab checken, auch ein Probelauf der Bestandsheizung mit reduzierter Temperatur während der Heizperiode kann Aufschluss bringen und uns eine belastbare Grundlage liefern. Anschließend können wir sagen, ob die Tendenz in Richtung Wärmepumpe geht oder nicht.
9. Was denken Sie über die als Alternative zur Wärmepumpe gehandelte Pellet-Heizung?
Ich bin grundsätzlich technologieoffen und auch Pelletheizungen sind gute Heizmethoden! Wir haben im Jahr 2022- 2023 ca. 25 Pelletheizungen bei unseren Kunden in Betrieb, welche betriebssicher und wirtschaftlich laufen und online kontrolliert werden. Für Kunden, die beispielsweise von einer Ölheizung auf eine Pelletheizung wechseln, ändert sich faktisch nicht viel, selbst die Wartungskosten sind nicht viel höher, auch der Verschleiß ist gering.
Jedoch muss eine Pelletheizung sowie jedes andere Heizsystem stets fachgerecht installiert werden, ansonsten leidet die Betriebssicherheit.
10. Wird Ihrer Meinung nach Wasserstoff jemals beim Heizen eine Rolle spielen?
Ich denke Wasserstoff wird zum Heizen im Wohngebäudesektor eine untergeordnete Rolle spielen! Allerdings hat Wasserstoff viele andere großartige Potenziale! Z.B. kann Wasserstoff grün erzeugt werden und in unserem bestehenden Gasnetz gespeichert werden. Aus Wasserstoff kann auch Strom mit einer reversiblen Brennstoffzelle generiert werden, der wiederum für den Betrieb des uns zur Verfügung stehenden effizientesten Wärmeerzeuger, der Wärmepumpe, genutzt werden kann.
11. In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel.
Was können Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen wie Ihres dagegen tun?
Was können wir tun? In erster Linie ausbilden! Wir haben 6 Azubis, 2 pro Lehrjahr, das Ziel ist, mindestens einen davon am Ende zu übernehmen. Von den Schulen erwarte ich, dass sie das Handwerk als gleichwertige Alternative zur Universität bewerben und neben Professoren, auch Handwerksmeister eingladen werden und ihre Sicht der Dinge schildern. Der Vorteil unserer Branche ist, dass man am Ende des Tages auf der Baustelle sieht, was man selbst geschaffen hat, es war nie attraktiver einer sinnvollen und nachhaltigen Beschäftigung nachzugehen.
12. Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen?
Wir sind ein junges Team, zahlen überdurchschnittliches Gehalt, beteiligen unsere Mitarbeiter an den Gewinnen, achten sehr darauf, dass genug Zeit für die Freizeit und die Familie bleibt und halten unser Werkzeug immer auf dem neuesten Stand. Das Wichtigste, neben feuchtem Toilettenpapier, ist ein tolles Arbeitsklima und Spaß an der Arbeit. Hier muss jeder mit gutem Beispiel voran gehen.
13. Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein.
Denken Sie, dass dies eintreten wird?
In den verbleibenden 22 Jahren kann eine Menge geschehen! Grundsätzlich sehe ich eine 50-50 Chance, es gelingt uns nur durch beherztes Anpacken um am Ende auch den letzten „Nein-Sager“ zu überzeugen und abzuholen. Man muss Taten sprechen lassen.
14. Abschließend wagen wir einen Blick in die Zukunft:
Es ist August im Jahr 2045 und Sie denken an das Interview vom August 2023 zurück.
Was werden Sie über die Wärmewende der 2020er-Jahre denken?
Ich werde wahrscheinlich denken: Es war eine spannende Zeit und ich bin froh, Teil davon gewesen zu sein und einen kleinen Beitrag geleistet haben zu dürfen. Ich werde dankbar für die großartigen Chancen sein.
Vielen Dank, Herr Nitzschke!