Expertenmeinung: Interview mit Andreas Scheelen

Heute begrüßen wir zum elften Teil unserer Serie „Köpfe“ Andreas Scheelen, Geschäftsführer der „Friondo GmbH“ aus Duisburg. Vielen Dank dass Sie sich die Zeit nehmen, um uns ein paar Fragen zu beantworten!

1. Ab nächstem Jahr sollen jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden. Halten Sie dies für realistisch? 
Ich halte das anvisierte Ziel von 500.000 Wärmepumpen ab 2024 für nicht realistisch! Zwar haben sich die Lieferprobleme der Hersteller verbessert, auch haben sich viele Betriebe zur Wärmepumpe hin umorientiert, dennoch müsste wahrscheinlich jeder Handwerksbetrieb nur Wärmepumpen einbauen, um auf die 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu kommen. 

2. Inwiefern hat sich das Kundeninteresse generell gewandelt? Stellen Sie fest, dass Kunden sich generell mehr mit dem Thema Heizen (insbesondere der Wärmepumpe) beschäftigen? 
Insbesondere in den letzten 2 Jahren habe ich eine Veränderung festgestellt. Die Kunden haben insbesondere im Zuge des Ukraine-Krieges nachgefragt, jedoch ist in den letzten 3 Monaten die Nachfrage nach Wärmepumpen zurückgegangen. Erst wenn die Bundesregierung auf den Wegfall fossiler Energien drängt, rechne ich mit einem Anstieg der Nachfrage nach Wärmepumpen. 

3. Auch angesichts der nötigen Wärmewende: 
Wie kann man die Wärmepumpe in der Öffentlichkeit in ein besseres Licht rücken?

Es kursieren leider viele Fehlinformationen um die Wärmepumpe, weshalb es bessere Aufklärung braucht. Mich haben beispielsweise Kunden kontaktiert, die sich um Lärmbelästigung gesorgt haben. Deshalb braucht es mehr Aufklärung: Was ist eine Wärmepumpe? Was kann sie? Was kostet sie?  

4. Was sind Ihre Gedanken zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)?*
Ich finde es prinzipiell gut, dass die Förderung üppig ausfällt, halte jedoch das zusätzliche Fördervolumen von 20 Prozent für einkommensschwache Haushalte für nicht sinnvoll. Wer beispielsweise 40.000 Euro und weniger pro Jahr verdient, wohnt eher in Mehrfamilienhäusern. Ich wünsche mir von der Politik eine klare Linie, wann was gilt, sodass auch verunsicherte Kunden sich für eine Wärmepumpe entscheiden. 

5. Wie viele Wärmepumpen pro Jahr installieren Sie?
Wir sind ein Start-Up und haben dieses Jahr bisher 20 Wärmepumpen installiert, bis Ende des Jahres sollen es 30 werden. Nächstes Jahr rechnen wir mit dem Einbau von 90 Wärmepumpen.

6. Wie lange brauchen Sie, um eine Wärmepumpe zu installieren?
In Einfamilienhäusern rechnen wir mit einer Arbeitszeit von 3-4 Werktagen, bei größeren Projekten, mit 6-7 Werktagen.

7. Welche regenerative Heizung würden Sie als Alternative zur Wärmepumpe empfehlen? 
Tatsächlich empfehle ich keine andere Heizmethode und halte höchstens Pelletheizungen für eine Alternative zur Wärmepumpe. Wir sind ausschließlich auf den Einbau von Wärmepumpen spezialisiert und empfehlen dann einen Kollegen der Alternativen anbietet, sofern der Einbau einer Wärmepumpe nicht möglich ist.

8. Wem empfehlen Sie eine Wärmepumpe und wem nicht? 
Grundsätzlich empfehle ich jedem eine Wärmepumpe, wenn die Einbauvorschriften und die Heizlastabrechnung sie hergeben. Bei einem Wärmebedarf von mehr als 100 Watt pro m², empfehle ich keine Wärmepumpe, sondern erst Maßnahmen, um den Wärmebedarf zu senken. Wir rechnen den Kunden immer vor, welche Sparpotenziale die Wärmepumpe bietet. 

9. Wird Ihrer Meinung nach Wasserstoff jemals beim Heizen eine Rolle spielen? 
Ich halte Wasserstoff erst ab den späten 2020er-Jahren für eine alternative Heizmethode. Derzeit herrscht Fachkräftemangel in der Branche vor, auch fehlt eine Wasserstoff-Infrastruktur. Alles in Allem bin ich nicht von der Idee überzeugt, Wasserstoff fürs Heizen zu benutzen. 

10. In der Wärmepumpenbranche und im Handwerk allgemein herrscht Fachkräftemangel. 
Was können Politik, Gesellschaft und auch Unternehmen wie Ihres dagegen tun? 

Ich fordere die Politik klar dazu auf, die Rahmenbedingungen für das Handwerk zu verbessern! Ich hatte einen Angestellten aus Serbien, der mehr als 12 Monate auf alle notwendigen Papiere gewartet hat, weswegen er seine Stelle wechseln musste. Die Politik muss ganz klar die Regelungen für die qualifizierte Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern verbessern. Auch braucht das Handwerk in der Gesellschaft insgesamt einen besseren Stellenwert. Dafür halte ich beispielsweise Handwerks-Influencer bei Instagram für junge Menschen für sinnvoll, die darstellen können, wie toll das Handwerk ist und welche (beruflichen) Möglichkeiten es bietet. 
Auch sind Umschulungen für Angestellte in Branchen, die in Zukunft wegfallen, sinnvoll.

11. Was tun Sie, um qualifiziertes Personal zu halten, bzw. zu gewinnen? 
Zunächst bieten wir ein sehr gutes Arbeitsklima, sind alle per Du, weiterhin grillen wir ab und zu mit den Mitarbeitern, zahlen zudem überdurchschnittlichen Lohn und unsere Mitarbeiter haben ihr eigenes, hochmodernes Werkzeug. Ab nächstem Jahr führen wir zudem die Vier-Tage-Woche ein. 
Wir sind als Unternehmen zu 100 Prozent digital, jeder Mitarbeiter hat sein eigenes iPad. 

12. Deutschland soll bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein. 
Denken Sie, dass dies eintreten wird? 

Ich glaube nicht, dass dies geschehen wird, allerdings kann in 22 Jahren eine Menge passieren, weshalb es sich auch nicht ausschließen lässt. 

13. Abschließend wagen wir einen Blick in die Zukunft: 
Es ist August im Jahr 2045 und Sie denken an das Interview vom August 2023 zurück. 
Was werden Sie über die Wärmewende der 2020er-Jahre denken?  

Ich werde wahrscheinlich denken: Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe hoffentlich einen großen Teil zur Wärmewende beigetragen. Für uns Handwerker war es eine gute Zeit! 

 

Vielen Dank für das Interview, Herr Scheelen!  

*Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde durch den Deutschen Bundestag am 08. September 2023 verabschiedet, das Gespräch führten wir zuvor.