Die Wärmepumpe steht in letzter Zeit öfter in der Kritik eines Hamburger „Instituts“, das sich um das Wohl überholter fossiler Heiztechnik kümmert. Wenn es um die Effizienz geht, ist vor allem die Luft-Wasser-Wärmepumpe im Altbau im Schussfeld. Gelegentlich ist die Kritik an dieser Kombination sogar gerechtfertigt, vielfach aber überhaupt nicht. Meistens kommt es einem so vor als versuchten die Akteure, mit allen Mitteln zu retten, was gerade noch zu retten ist, damit sich möglicherweise doch ein paar Sanierungswillige für einen neuen Ölkessel entscheiden. Es ist offenbar an der Zeit, einige Fakten zu wiederholen.
Aus den meisten Veröffentlichungen zu der Thematik (z.B. Wärme im Dialog Nr. 12/2014, raffiniert 1/2014 und 4/2014 sowie shk-journal.de News vom 9.3.2015 etc.) spricht die nackte Angst ums Überleben. Ungewiss ist, welche Verzweiflungstaten noch folgen, zu hoffen ist aber, dass die Attacken nicht noch unsachlicher werden als sie es jetzt bereits sind. Noch nie dürfte von der Ölheizungslobby das Wort „Wärmepumpe“ so oft genannt worden sein wie seit Bekanntgabe der aktuell gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV). Deren Verschärfung bereitet zwar der Wärmepumpentechnologie keine Probleme, erschwert den Einsatz fossiler Energieträger im Neubau aber deutlich. Seit bekannt ist, welche Anforderungen ab Januar 2016 zu erfüllen sind, diffamiert die besagte Lobby die Wärmepumpe wo es nur möglich ist. Am einfachsten gelingt es ihr in dem Bereich, der von der EnEV wenig betroffen ist: dem Gebäudebestand. Zugegeben: Dies ist der Bereich – aber auch so ziemlich der einzige – bei dem Sanierer wirklich überlegen sollten, ob der alleinige Einsatz einer Wärmepumpe zum Heizen sinnvoll ist. Mit einer seriösen Planung und fachgerechten Installation ist der effiziente Betrieb von Wärmepumpen in den meisten Bestandsgebäuden allerdings problemlos möglich, und sei es als Ergänzung zu einem bestehenden Kessel.
Ob für einen effizienten Betrieb tatsächlich eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von mindestens 3,0 erforderlich ist, sei dahin gestellt. Dass dies sehr wohl möglich und üblich ist, beweisen seriöse Feldtests des Fraunhofer Instituts für solare Energiesysteme (ISE). Diese häufig noch zitierte veraltete Definition der effizienten Wärmepumpe basiert auf der Annahme eines Primärenergiefaktors für Strom von 3,0. Dank des hohen Anteils erneuerbarer Energien im Strommix (27,8 % im Jahr 2014!) und verbesserter Kraftwerkswirkungsgrade, sieht das heute anders aus. Der aktuelle Primärenergiefaktor für den nichterneuerbaren Anteil von Strom beträgt laut EnEV 2,4. Damit benötigt eine Wärmepumpe bereits mit einer Jahresarbeitszahl von 2,0 weniger Primärenergie als ein fossiler Kessel mit einem Jahresnutzungsgrad von 90 %. Wenn die Bundesregierung den Primärenergiefaktor im Jahr 2016 per EnEV auf den realistischeren Wert von 1,8 absenkt, würde dafür gar eine JAZ von 1,5 genügen – ein Wert der in der Praxis allenfalls bei Anlagen mit massiven Fehlern in Planung und Ausführung vorkommen würde. Im Übrigen ist der Primärenergiefaktor von Strom entgegen häufiger Aussagen von Wärmepumpengegnern auch im Winter – bei hohem Heizwärmebedarf – nicht schlechter als im Sommer, wie eine Untersuchung von ifeu und Fraunhofer IWES deutlich zeigt.
Da für den Klimaschutz nicht nur die Primärenergie eine Rolle spielt, hier noch ein kurzer Blick auf die CO2-Emissionen: Die Wärmepumpe mit einer JAZ von 3,0 spart gegenüber dem Öl-Brennwertkessel mit 90 % Nutzungsgrad sage und schreibe 43 % CO2 - über die Lebenszeit betrachtet sogar deutlich mehr. Weitere Worte erübrigen sich.
Immerhin Fraunhofer ISE mit Wärmepumpen Feldtests durch und die Effizienzen sind dadurch nachweisbar. Zudem müssen geförderte Wärmepumpenanlagen und viele, die der Erfüllung des EEWärmeG dienen, Wärmemengen- und Stromzähler besitzen, mit denen die Berechnungen von Jahresarbeitszahlen möglich sind.
Wie es um die Effizienz der Brennwerttechnik in der Praxis bestellt ist, bleibt leider im Dunkeln und wird nur augenfällig, wenn die Verbräuche genau kontrolliert werden. Dass auch die Effizienz eines Brennwertgerätes massiv von den Temperaturen des Heizsystems (und damit auch vom Gebäude) abhängt, scheinen Kritiker der Wärmepumpe nur zu gerne zu übersehen. Auch der Brennwertkessel arbeitet mit einer Fußbodenheizung effizienter als mit Radiatoren, nur macht mit einer ausgereizten Technologie eben niemand mehr einen Feldtest, der die Realität abbilden würde. So prahlt die Ölfraktion weiterhin fröhlich mit Nutzungsgraden von „bis zu“ 98 %, die in Wirklichkeit nicht mehr sein können als die feuchten Träume kondensierender Heizgeräte.
Die folgenden Fakten im Überblick lassen allerdings schnell erkennen, dass es völlig unerheblich ist, ob ein Brennwertkessel einen Nutzungsgrad von 98 % – oder meinetwegen auch über 100 – erreicht:
- Selbst die schlechtesten im Feld wissenschaftlich untersuchten Wärmepumpenanlagen benötigen weniger Primärenergie als die theoretisch bestmöglichen Heizkessel.
- Eine Wärmepumpe benötigt nicht einmal eine JAZ von 2, um weniger CO2-Emissionen zu verursachen als der beste denkbare Ölkessel.
- Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung wächst, damit sinken Primärenergieeinsatz und CO2-Emissionen von Wärmepumpenanlagen immer weiter.
- Wärmepumpen können zum Lastmanagement eingesetzt werden und bringen erneuerbar erzeugten Strom in den Wärmemarkt.
- Mit Wärmepumpen und Ökostromvertrag ist heute schon CO2-freies Heizen möglich.
Nicht umsonst schneiden Wärmepumpen beim Energielabel der EU und der EnEV derart gut ab: Nur sie erreichen im neuen Energielabel für Raumheizgeräte die höchsten Effizienzklassen. Jede Wärmepumpe, die ab dem 26. September 2015 in der EU auf den Markt kommt, wird mindestens die Klasse A+ erreichen. Zum Vergleich: Eine bessere Klasse als A ist bei Brennwertkesseln rein physikalisch nicht möglich. Gebäude mit Wärmepumpe erfüllen auch ab 2016 die Anforderungen der EnEV ohne weitere Maßnahmen an der Gebäudehülle oder der Anlagentechnik und sind deswegen meist die günstigere Option für den Neubau.
Zum Abschluss noch ein Zitat aus dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE):„Klar ist aber, dass nicht jede heute am Markt verfügbare Technik die langfristigen Anforderungen 2050 erfüllen können wird.“ Sie dürfen sich nun überlegen, welche Technik hier gemeint sein könnte. Mein Tipp: die Wärmepumpe ist es nicht.
Der Autor
Alexander Sperr
Alexander Sperr ist seit 2013 Referent für Normen & Technik beim BWP. Zuvor war er u.a. für den BDEW tätig.