Mit ordentlich Schwung ist Deutschlands neuer Energiewende-Minister in sein Amt gestartet. Nicht einmal hundert Tage ist er im Amt, und schon legt er ein Konzept für ein zentrales Projekt seiner Amtszeit vor: eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ziel von Gabriels EEG 2.0, dem auf der gestrigen Kabinettsklausur der Segen der Bundesregierung gegeben wurde, ist eine Begrenzung der Preissteigerungen, die die Stromkunden in den letzten Jahren zu schultern hatten.
Um eines klarzustellen: Es geht bei dem Vorhaben nicht um eine SENKUNG der Strompreise. Das gibt sogar der Minister selbst zu. Verhindert werden sollen lediglich weitere Steigerungen. Zumindest solche in dem Ausmaße, wie wir sie in den Jahren 2012 und 2013 erlebten. Das kann auch gar nicht anders sein, schließlich fällt der Großteil der EEG-Kosten bei bereits installierten Anlagen an – und die genießen nun einmal Bestandsschutz. Erst, wenn diese Anlagen nach 20 Jahren aus der Förderung herauszufallen beginnen, kann man eine spürbare Senkung der EEG-Umlage erwarten.
Die Reaktionen auf Gabriels Pläne: Ablehnung. Die Länder protestieren ebenso wie die Industrie und die betroffenen Branchen. Wenn alle unzufrieden sind, handelt es sich um ein ausgewogenes, richtiges Vorhaben? Das sei einmal dahingestellt. Zur Adressierung des Themas Energiekosten für die Verbraucher ist der Vorstoß ohnehin nur bedingt geeignet. Immerhin gibt ein durchschnittlicher Haushalt weit mehr für Heizung und Warmwasser aus als für Strom. Die Einsparpotenziale in diesem Bereich sind ungleich größer als im Strombereich. Das bestätigt auch eine neue DIW-Studie zur Gebäudesanierung.
Definitiv bedenklich sind jedoch die Pläne des Minister, selbst erzeugten Strom in Zukunft ebenfalls mit der EEG-Umlage zu belasten: Neuanlagen sollen einen Großteil der Umlagekosten mittragen, Bestandsanlagen einen Rabatt in Höhe der Umlage aus 2013 erhalten. Das gilt z.B. auch für Photovoltaik-Anlagen. Nun sollen also Verbraucher und Unternehmen, die selbst in regenerative Erzeugung investieren, die Kosten für Anlagen mittragen, die sie doch gar nicht in Anspruch nehmen? Klingt ein bisschen nach umgekehrter Betreuungsgeld-Logik – und ist es auch.
Zumindest ist eine Bagatellgrenze angedacht (10 kW installierte Leistung und 10 MWh jähr. Erzeugung). Der durchschnittliche Eigenheimbesitzer dürfte damit von dieser Neuerung nicht betroffen sein. Für ihn bleibt z.B. die Nutzung des PV-Stroms zum CO2-freien Heizen mit der eigenen Wärmepumpe weiterhin eine Option. Doch wie sieht es z.B. mit Gewerbetreibenden oder Besitzern von Mehrfamilienhäusern aus, für die dieses Modell bisher attraktiv erschien? Aus dieser Perspektive erscheint der Vorstoß auch sozialpolitisch verfehlt: Der Eigenheimbesitzer wird ausgenommen, der Mieter belastet. Im weiteren Gesetzgebungsprozess sollten Minister und Abgeordnete von einer solchen Zusatzbelastung für regenerative Erzeugungsanlagen absehen – oder zumindest die Bagatellgrenze auf ein angemessenes Niveau anheben.
Gabriels Idee, die Energiewende-Kosten nicht nur zu begrenzen, sondern auch auf mehr Schultern zu verteilen, ist definitiv sinnvoll. Es sollten aber nicht die Schultern sein, die durch eigene Investitionen bereits zur Lösung des Problems beigetragen haben. Sinnvoller und plausibler wäre es, die Problemverursacher stärker zu beteiligen. Eine Öko-Umlage auf Gas und vor allem Öl sowie Kohle – die Energieträger, deren CO2-Ausstoß die Energiewende überhaupt erst nötigt macht – wäre nicht nur wirkungsvoller, sondern auch gerechter.