Bundesamt für Umwelt der Schweiz
Herr Ramer, wie funktioniert die CO2-Abgabe in der Schweiz?
Die CO2-Abgabe wird auf fossile Brennstoffen wie Heizöl oder Erdgas erhoben. Sie ist als Lenkungsabgabe konzipiert; rund zwei Drittel der Erträge werden jährlich verbrauchsunabhängig an Bevölkerung und Wirtschaft zurückverteilt. Der Rest fließt in Maßnahmen zur Innovationsförderung und zur Unterstützung emissionsreduzierender Maßnahmen bei Gebäuden. Der Abgabesatz erhöht sich automatisch, wenn vorgegebene Zielwerte für die CO2-Emissionen verfehlt werden. Dies war seit der Einführung im Jahr 2008 dreimal der Fall. Der Anfangswert betrug 12 CHF/t CO2. Heute liegt der Abgabesatz bei 84 CHF/t CO2 (ca. 77 EUR/t CO2). Die Gesetzgebung sieht verschiedene Ausnahmeregelungen vor. Treibhausgasintensive Unternehmen können sich von der CO2-Abgabe befreien lassen, wenn sie sich im Gegenzug zu einer Verminderung ihrer Treibhausgasemissionen verpflichten. Große treibhausgasintensive Unternehmen sind in ein Emissionshandelssystem eingebunden, das künftig mit jenem der EU verknüpft werden soll, und sind ebenfalls von der CO2-Abgabe befreit.
Was hat die Politik zu dieser Maßnahme veranlasst?
Die CO2-Abgabe war bereits im Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen aus dem Jahr 1999, das Zielsetzungen bis zum Jahr 2012 enthielt, als subsidiäres Instrument enthalten. Für die Zielerreichung setzte man anfänglich stark auf freiwillige Maßnahmen. Die Abgabe sollte erst aktiviert werden, wenn diese Maßnahmen nicht genügend Wirkung zeigen. Dieser Fall trat ein, und die Abgabe wurde 2008 eingeführt. Sie sollte, gemeinsam mit den bereits bestehenden Maßnahmen, zu weiteren Emissionsreduktionen führen und dazu beitragen, die gesetzlichen Reduktionsziele und somit die Verpflichtung des Kyoto-Protokolls für den Zeitraum 2008 bis 2012 zu erfüllen.
Gab es großen Widerstand dagegen aus Politik, Bevölkerung und/oder Unternehmen?
Der Einführung ging eine längere politische Debatte voraus. Bereits 2004 wurde erkannt, dass die Emissionen nicht in gewünschtem Umfang sinken. Der Bundesrat schlug daraufhin mehrere Varianten vor, unter anderem auch ein Modell, das sowohl Brenn- als auch Treibstoffe umfasste. Das Parlament beschloss schließlich eine gestaffelte Einführung mit tiefem Anfangssatz sowie einer an Zwischenziele gekoppelten Erhöhung. Gleichzeitig wurden Befreiungsmöglichkeiten (bereits damals an eine Verpflichtung zur Reduktion der Emissionen gekoppelt) als flankierende Maßnahmen für besonders betroffene Unternehmen geschaffen. Mit dieser Kombination konnten die Widerstände deutlich reduziert werden. Die an klare Bedingungen geknüpften Erhöhungsschritte gewährleisten zudem eine gewisse Vorhersehbarkeit. Auch deshalb ist das Instrument mittlerweile breit akzeptiert.
Was hat die Abgabe bewirkt? Gilt Sie in der Schweiz als Erfolg?
Die Abgabe und ihre flankierenden Maßnahmen haben in verschiedener Hinsicht Wirkung gezeigt. Zum einen haben sie effektiv dazu beigetragen, die CO2-Emissionen zu senken. Das haben Modellrechnungen bestätigt. Zum anderen haben sie die Sensibilität bei Unternehmen und Haushalten erhöht und Einsparpotenziale sichtbar gemacht. Insofern kann das Instrument als Erfolg gewertet werden, zumal davon ausgegangen werden kann, dass die Wirkung im Zeitverlauf weiter zunehmen wird.
Der Interviewpartner
Roger Ramer hat an der Universität Zürich Volkswirtschaften studiert und anschließend an der ETH Zürich im Bereich Umwelt- und Ressourcenökonomie promoviert. Seit 2012 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Klima des Bundesamtes für Umwelt der Schweiz. Er beschäftigt sich mit den volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Klimapolitik der Schweiz und ihrer Instrumente. Er hat unter anderem eine umfassende Evaluation der CO2-Abgabe, die in der Schweiz seit 2008 in Kraft ist, konzipiert und geleitet. Aktuell beschäftigt er sich schwerpunktmässig mit der volkswirtschaftlichen Beurteilung der Gesetzesvorlage zur Klimapolitik der Schweiz nach 2020.